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Zehn Minuten, mehr blieben nicht. Am 23. Mai schickten die Wirt­schafts­prüfer des MSV um 15:20 Uhr die Unter­lagen für die Lizenz zur Deut­schen Fuß­ball-Liga. Um 15:30 endete die Frist. Als Retter wurde Walter Hell­mich, Bau­un­ter­nehmer und ehe­ma­liger Vor­stands­vor­sit­zender, gefeiert. Er soll ein Dar­lehen in sechs­stel­liger Höhe und die Stun­dung vor­he­riger Dar­lehen gegeben haben. Erleich­tert trat Duis­burgs Geschäfts­führer Roland Kentsch vor die Presse und sagte: Ich gehe davon aus, dass wir die Berech­ti­gung für den Spiel­be­trieb in der neuen Saison erhalten werden.“ Duis­burg atmete tief durch. Ein Irr­glaube, denn der große Sturm stand noch bevor. Schon kurz darauf wurde bekannt: Der Antrag auf Lizenz­er­tei­lung war feh­ler­haft.

Über­wei­sung von 300.000 Euro – im Nach­hinein

Den Ver­tre­tern des MSV, ins­be­son­dere Geschäfts­führer Roland Kentsch war ent­gangen, dass es im ein­ge­reichten Antrag eine finan­zi­elle Lücke gab. 364.000 Euro sollen gefehlt haben, Kre­dit­stun­dungen zweier städ­ti­scher Unter­nehmen falsch ver­bucht worden sein. Als der Fehler mit­ge­teilt wurde, rief Vor­stands­vor­sit­zender Udo Kirmse bei Ver­tre­tern des Spon­sors Schau­ins­land-Reisen an und bat um Hilfe. Wie 11FREUNDE erfuhr, über­wies Schau­ins­land-Reisen wenig später 300.000 Euro auf ein Treu­hand­konto, das die DFL ein­sehen konnte.

Geschäfts­führer Kentsch soll Ver­tre­tern der DFL die voll­stän­digen Doku­mente umge­hend vor­ge­legt haben. Auch über die feh­lenden 64 000 Euro. Die Lücke aus dem Rechen­fehler wurde im Nach­gang voll­ständig geschlossen“, sagt ein Funk­tionär des MSV Duis­burg. Der Verein erbrachte also den Nach­weis, dass er das feh­lende Geld schnell auf­bringen kann. Aller­dings: Die Abga­be­frist der DFL war ver­stri­chen. Trotz aller nach­träg­li­chen Bemü­hungen ent­schied die DFL am 29. Mai: Es gibt keine Lizenz für den MSV Duis­burg. Ein Schock für Fans, Mit­ar­beiter und Funk­tio­näre.

Der Rechen­fehler – und noch mehr Mängel

Die große Frage: Hätte die geschlos­sene Lücke die DFL umstimmen können? Immerhin war einer von der DFL beauf­tragten Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft der Rechen­fehler eben­falls zunächst nicht auf­ge­fallen. Richard Witt­siepe, selbst Wirt­schafts­prüfer und lang­jäh­riger kri­ti­scher Begleiter des MSV, sagt: Man muss bedenken, in welch engem zeit­li­chen Rahmen die Unter­lagen durch­ge­sehen werden mussten. Da kann ein sol­cher Fehler pas­sieren.“ Zur Erin­ne­rung: Am 23. Mai gingen die Unter­lagen zehn Minuten vor Fris­tende an die DFL. Witt­siepe glaubt des­halb: Der Rechen­fehler war nicht ent­schei­dend für die DFL, son­dern die Summe der Fehler.“

Denn die DFL fand wei­tere gra­vie­rende Mängel in den Unter­lagen. Mängel, die sich auf die Bestim­mungen des Ver­bandes beziehen. Das Pro­blem waren die Dar­lehen von Walter Hell­mich, dem ehe­ma­ligen Vor­stands­vor­sit­zenden. Er soll die Stun­dung seines Dar­le­hens an Bedin­gungen geknüpft haben: die Beset­zung zweier Auf­sichts­rats­posten und außerdem ein Mit­spra­che­recht bei der Bestim­mung des Geschäfts­füh­rers der MSV Duis­burg KgaA. Eine strit­tige Ein­fluss­nahme. Hell­mich war zwar lange Vor­stands­vor­sit­zender, seit 2010 bekleidet er aber beim MSV kein Amt mehr. Ein der­ar­tiges Mit­be­stim­mungs­recht stünde ihm rein for­mell nicht zu.

Dar­lehen mit Bedin­gungen: Ein Ver­stoß gegen die Regeln

Denn in der DFL-Lizen­zie­rungs­ord­nung steht unter §4 Punkt 10: Für eine Kapi­tal­ge­sell­schaft gilt zusätz­lich, dass ein Recht, Mit­glieder in den Auf­sichtsrat bzw. ein anderes Kon­troll­organ zu ent­senden (›Ent­sen­de­recht‹) nur dem Mut­ter­verein ein­ge­räumt werden darf.“ Der Mut­ter­verein ist der e.V., in dem Hell­mich nicht mehr ver­treten ist. Mit anderen Worten: Hell­michs Bedin­gungen wären ein klarer Ver­stoß gegen die Sta­tuten des Ver­bandes.

Diese Regeln mögen Außen­ste­henden nicht viel sagen. Duis­burgs Geschäfts­führer Kentsch aller­dings könnte sie gekannt haben, als er die Unter­lagen ein­reichte. Er ist Mit­glied des DFL-Auf­sichts­rates und stell­ver­tre­tender Vor­sit­zender der Bun­des­liga-Stif­tung, die von der DFL gegründet wurde. Warum ging der Antrag den­noch in dieser Form an die DFL? Ein MSV-Funk­tionär nennt die Antrag­stel­lung dilet­tan­tisch“ und unpro­fes­sio­nell“. Kentsch selbst war für eine Stel­lung­nahme nicht zu errei­chen.

Das dritte Pro­blem: Per­so­nal­kosten im Mar­ke­ting­be­reich

Nach 11FREUNDE-Infor­ma­tionen gab es einen dritten Grund, der zur Ent­schei­dung der DFL führte. Die Duis­burger einigten sich kurz vor Abgabe der Unter­lagen mit dem Ver­markter Sport­five“ auf eine Zusam­men­ar­beit, so kam fri­sches Geld in die Kassen. Durch den Deal in letzter Sekunde mit einem Fremd­ver­markter gab es keine wei­tere Ver­wen­dung für die MSV-eigene Mar­ke­ting­ab­tei­lung. In den Lizenz­un­ter­lagen wurde die Ein­spa­rung dieser Per­so­nal­kosten ver­bucht, obwohl sie noch gar nicht voll­zogen war. Mit anderen Worten ging es um ein­ge­spartes Geld, das noch gar nicht ein­ge­spart war. Am Ende war also nicht nur der Rechen­fehler ent­schei­dend. Wenn Sie in ein Zwei-Liter-Gefäß drei Liter schütten, dann können Sie auch nicht genau sagen, wel­cher der drei Liter zu viel war“, fasst ein Funk­tionär des MSV die Gemenge­lage zusammen.

Am Mitt­woch ent­schied das Gericht erneut gegen den MSV. Nach Auf­fas­sung des Gerichts weist der Beschluss des Lizen­zie­rungs­aus­schusses keine Rechts­fehler auf. Der MSV Duis­burg konnte dem Lizen­zie­rungs­aus­schuss nicht recht­zeitig eine aus­rei­chende Liqui­dität für die kom­mende Spiel­zeit nach­weisen“, sagte der Vor­sit­zende des Stän­digen Schieds­ge­richts, Udo Steiner.
Damit steht fest: Es war min­des­tens ein Liter zu viel im Gefäß.