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Man kann sich gut vor­stellen, wie schreck­lich das war: Mit einem 2:7 daheim und einem 0:7 aus­wärts in die Saison zu starten, in der es 115 Gegen­tore hagelt. Wenn man nie den letzten Tabel­len­platz ver­lässt, bis zum 15. Spieltag auf den ersten Punkt warten muss und bis zum 23. Spieltag auf den ersten Sieg. Ein Alb­traum!

Bis heute ist der Span­dauer SV die schlech­teste Zweit­li­ga­mann­schaft aller Zeiten, aber Jürgen Suchanek sagt, dass von einem Alb­traum keine Rede sein könne und er nur gute Erin­ne­rungen an die Saison 1975/76 habe. Wirk­lich? Ja, die Stim­mung in der Mann­schaft war her­vor­ra­gend, auch wenn das nie­mand glauben kann“, sagt der ehe­ma­lige Außen­ver­tei­diger. Er war damals 20 Jahre alt und der Youngster im Team.

Wir hatten einen richtig guten Zusam­men­halt“

Er stieß erst im Oktober dazu, doch obwohl die Mann­schaft zu diesem Zeit­punkt sport­lich schon ordent­lich ver­prü­gelt worden war, konnte von Depres­sion keine Rede sein: Wir hatten einen richtig guten Zusam­men­halt“, sagt Suchanek. Das lag auch daran, dass schon mit dem Auf­stieg im Früh­sommer 1975 nie­mand gerechnet hatte. In der Auf­stiegs­runde mit West­falia Herne und dem VfB Olden­burg waren die Span­dauer SV genauso über­ra­schend Zweiter geworden, wie sie zuvor schon die Ber­liner Ober­liga gewonnen hatten. Weil aber zwei von drei Teams auf­stiegen, waren sie unver­se­hens und völlig unge­plant zweit­klassig. 

Der Klub hatte daher die Spieler gefragt, ob sie über­haupt in der Zweiten Liga spielen wollten. Denn nie­mand beim Span­dauer SV war Profi, trai­niert wurde nur dreimal in der Woche. Unter der Bedin­gung, dass sich daran nichts änderte, hatte die Mann­schaft zuge­stimmt. Mit dem ehe­ma­ligen Her­thaner Lothar Groß gab es nur einen Spieler mit Pro­fi­erfah­rung, und die meisten Spieler haben das ein­fach als ein Aben­teuer gesehen“, sagt Suchanek. Eine Art ver­wirk­lichter Sozia­lismus sorgte auch für gute Stim­mung im Team. Jeder Spieler bekam 1000 Mark Grund­ge­halt, was Eifer­süch­te­leien ver­hin­derte.

Ein Spieler hatte den Euro­pa­pokal gewonnen – aller­dings im Hand­ball

Wir sind im Laufe der Saison auch fuß­bal­le­risch besser geworden“, meint Suchanek. Nach einem Punkt aus der Hin­runde gab es in der Rück­runde gegen Bayer Lever­kusen und den VfL Osna­brück immerhin zwei Siege und dazu noch drei Unent­schieden. Auch die hef­tigen Klat­schen mit fünf oder sechs Gegen­toren wurden sel­tener. Das lag aller­dings nicht an dem berühm­testen Mit­spieler: Helmut Kos­mehl. Der ehe­ma­lige Natio­nal­spieler hatte mehr­fach die Deut­sche Meis­ter­schaft und sogar den Euro­pa­pokal gewonnen – aller­dings mit dem VfL Gum­mers­bach im Hand­ball.

Der Klub hat ihn ver­pflichtet, um für Auf­merk­sam­keit zu sorgen, nachdem die Zuschau­er­zahlen zurück­ge­gangen waren“, sagt Suchanek. Der ver­meint­liche PR-Coup war aber keiner, zum Debüt von Kos­mehl kamen auch nur 469 Zuschauer. Dass gerade da gegen Wat­ten­scheid 09 der erste Punkt­ge­winn gelang, war eher ein Zufall, denn Fuß­ball konnte Kos­mehl nicht spielen. Der Tabel­len­letzte hat die schönsten Ein­würfe“, spot­tete Die Welt“ damals. Kos­mehl war dann bald auch nur eine Rand­figur, wurde noch zweimal ein­ge­wech­selt und war so schnell wieder ver­schwunden, wie er gekommen war.