Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Neu­lich reiste ich in die Pfalz. Mein Flug hatte Ver­spä­tung, wodurch ich den ICE ab Frank­furt ver­passte und die Regio­nal­bahn nehmen musste. Der Kaffee aus dem Auto­maten schmeckte nach Benzin, und dann hielt die S‑Bahn zwi­schen Mann­heim und Kai­sers­lau­tern auf offener Strecke kurz hinter Lud­wigs­hafen. Ich bestellte also ein Taxi, und der Fahrer meinte, die Auto­bahn sei sicher frei. Er irrte sich. Für die Strecke von Berlin nach Kai­sers­lau­tern brauchte ich etwa elf Stunden. Es war ein ziem­lich beschis­sener Tag.
 
Mein Hotel lag auf dem Bet­zen­berg, und weil ich seit elf Stunden gesessen hatte, lief ich zu Fuß vom Haupt­bahnhof. Als ich vor dem Sta­dion des FCK ste­hen­blieb, traf ich einen Mann. Er zeigte auf ein Tor und sagte: Des ist das Ottmar-Walter-Tor!“ Und dann zeigte er auf das Sta­dion und sagte: Des ist das Fritz-Walter-Sta­dion!“ Schließ­lich sagte er: Schö, wenn man Leude had, wo küm­mere sich um Tra­di­tionen.“* Und dann fragte er: Un wo tut da Verein spiele?“ Mein Verein spielt, nun ja, in Ham­burg. In Stel­lingen. Im Volks­park­sta­dion. Er schaute mich an und fragte: Volks­park? Sach ma, haddes nich a andere Name?“

Die Sache mit der Tra­di­tion
 
Die Sache ist kom­pli­ziert. Bei meinem Verein, dem HSV, küm­mert man sich auch um Tra­di­tion. Es gibt ein schönes Museum und den Uwe-Seeler-Fuß vor dem Sta­dion, das Wappen ist immer noch das­selbe wie vor fünfzig Jahren, und die Tri­kots werden nie mit irgend­wel­chen Blitzen oder total ver­rückten Farb­ver­läufen auf­ge­pimpt.
 
Und doch ist hier man­ches anders. Vor allem in Sachen Sta­dion. Das HSV-Sta­dion hat seit 2001 dreimal seinen Namen gewech­selt: Zunächst stieg AOL“ ein, 2007 kam die HSH-Nord­bank“, seit 2010 heißt das Sta­dion Imtech-Arena. Wer Imtech über­haupt ist, weiß nie­mand so recht. Eine Bau­firma, sagen die einen. Eine Gerüst­firma, die anderen. Das ist ein B2B-Modell, sagen die, die sich infor­miert haben. Ein Busi­ness-to-Busi­ness-Modell, mit dem eine Firma anderen Firmen der­selben Branche zeigt, was sie drauf hat.
 
Weil die Fans schon genug damit zu tun haben, sich jede Saison die neuen Spie­ler­namen ein­zu­prägen, und der Sponsor sowieso nie­manden inter­es­siert – außer die recht über­schau­bare Anzahl der Men­schen, die sich gerne sehen wollen, was andere Firmen aus ihrer Branche so drauf haben –, nennen die Fans das Sta­dion wei­terhin: Volks­park­sta­dion.

Fans lernen die neuen Spon­so­ren­namen“
 
Eigent­lich ist das erstaun­lich, denn vor einigen Jahren ver­kün­deten Fach­leute noch, dass Fans die neuen Namen bald akzep­tieren würden. Hartmut Zas­trow, ein Spon­so­ring-Experte vom For­schungs- und Bera­tungs­un­ter­nehmen Sport+Markt“, sagte etwa: Fans lernen die neuen Sta­di­on­namen.“ Nach einiger Zeit würde den Fans gar nicht mehr auf­fallen, wie sie von Allianz“, Signal Iduna“ oder Veltins“ spre­chen. Ehe­mals besetzte Begriffe werden zu schlichten Worten, daher gesagt wie Guten Tag“ oder Ein Bier, bitte“. Ohne Kon­no­ta­tion für den Spre­chenden.

Wenn man eine der abge­han­genen Anek­dote aus Ham­burg erin­nert, mag man das sogar glauben. Irgend­wann im Spät­sommer 2007 sollen zwei HSV-Fans über ihr Sta­dion gespro­chen haben. Damals hatte gerade die HSH-Nor­bank den Namen erworben. Der eine Fan sagte: Für mich wird die AOL-Arena immer die AOL-Arena bleiben.“ Der andere ant­wor­tete: Auf jeden Fall!“
 
Doch mal ehr­lich: Diese Unter­hal­tung ist doch auch eher über acht­zehn Ecken bei der Wochen­zei­tung Die Zeit“ gelandet, die diese Geschichte damals auf­schrieb. Ich möchte jeden­falls gerne wei­terhin daran glauben, dass kein Fan das Volks­park­sta­dion Imtech-Arena nennt. Oder gar AOL-Arnea.
 
Und inso­fern könnte es ja eigent­lich egal sein, wie das Ding heißt. Ist es aber nicht. Denn wir können nicht vor dem Ein­gangstor stehen und sagen: Datt is das Charly-Dörfel-Tor!“ Oder aufs Sta­dion zeigen und sagen: Datt is das Uwe-Seeler-Sta­dion!“ Und schließ­lich: Schön, wenn’s Leude gibt, die sich um Tra­di­tionen küm­mern!“

Der vierte Namens­wechsel in zwölf Jahren?
 
Jeden­falls nicht, ohne dass ein Aus­wär­tiger lächelt und sagt: Da steht aber Imtech.“ Oder die Firma, die dem­nächst ein­steigt. Denn neu­lich hieß es, Imtech sei ein biss­chen klamm und wolle aus­steigen. Im Magazin SPON­SORs“ sagte Imtech-Geschäfts­führer Gerard van de Aast: Wenn morgen jemand seinen Namen über dem Sta­dion haben möchte, dann kann er mir das sofort abkaufen.“

Es wäre der vierte Namens­wechsel inner­halb zwölf Jahren. So häufig hat bis­lang kein Verein sein Sta­dion ver­kauft. Aber pssst, ein neuer Sponsor hätte die Chance, ziem­lich viel richtig zu machen, wenn er den Namen kauft. Er könnte näm­lich das Sta­dion trotzdem Uwe-Seeler-Sta­dion oder wieder Volks­park­sta­dion nennen. Ganz offi­ziell. Wie ein B2B-Modell für Fans. Das wäre doch mal eine Idee.