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Der größte Pech­vogel der Welt ist Costis Mit­so­takis. Mit­so­takis wohnt im spa­ni­schen Dörf­chen Sodeto, das aus knapp 70 Haus­halten besteht, die jedes Jahr im Dezember gemein­schaft­lich die spa­ni­sche Weih­nachts-Super­lot­terie El Gordo“ spielen. Und im Jahre 2011 tat­säch­lich gewannen. 950 Mil­lionen Euro, um genau zu sein, fein säu­ber­lich auf­ge­teilt unter allen, die mit­ge­macht hatten. Was sämt­liche Bewohner Sodetos waren, mit Aus­nahme von Mit­so­takis. Bitter. 

Auf einem knappen zweiten Platz der größten Pech­vögel der Welt liegen sämt­liche Fuß­ball­fans in Deutsch­land, allen voran bedau­erns­werte und mög­li­cher­weise zum Selbst­mit­leid nei­gende 11FREUNDE-Redak­teure. Denn wäh­rend die Bun­des­liga so viel Spaß wie seit Jahren nicht mehr macht, unter­bre­chen die Ver­bände das Spek­takel für eine Län­der­spiel­pause. Wieder und wieder. Und wieder und wieder. Wie­der­wie­der­wieder. Nach elf Bun­des­li­ga­spielen gibt es bereits die dritte Län­der­spiel­pause. In anderen Worten: Schluchz. Bzw.: Ächz. Bzw.: Buhu! 

Warum, Gott? WARUM????“

Das muss auf­hören. Län­der­spiel­pausen sind das emo­tio­nale Äqui­va­lent eines Lego­steins, auf den man barfuß tritt. Mehr noch: Län­der­spiel­pausen sind das emo­tio­nale Äqui­va­lent eines Lego­steins, auf den man barfuß tritt, wäh­rend man ein Stück Apfel zwi­schen den Zähnen ste­cken hat, das man nicht los wird, am Daumen schon wieder eines dieser ner­vigen Haut­fit­zel­chen absteht und schmerzt, im Bad grundlos das Klo über­läuft, irgendwo in der Wand ein Was­ser­rohr platzt, wahr­schein­lich von der dilet­tan­tisch selbst ange­schlos­senen Wasch­ma­schine, in der gerade eine rote Socke in der weißen Koch­wä­sche ihre Runden dreht, der Hund auf den Wohn­zim­mer­tep­pich gekackt hat, der auch noch ein Geschenk der noto­risch schlecht gelaunten Schwie­ger­mutter war, die übri­gens gerade unan­ge­kün­digt vor der Tür steht, um dir gleich bei ver­meint­li­chen Scho­ko­bröt­chen, die sich als Rosi­nen­bröt­chen ent­puppen, passiv-aggres­sive Vor­hal­tungen über deine arm­se­ligen Lebens­ent­schei­dungen zu machen. Wäh­rend im Radio das Lieb­lings­lied durch eine Stau­mel­dung vor­zeitig beendet wird. 

Wäre die Fuß­ball­saison eine Roll­treppe, die Län­der­spiel­pause wäre der ner­vige Typ vor dir, der links steht und den Weg ver­sperrt, wäh­rend du eilig durch­willst, obwohl natür­lich alle wissen, dass man rechts steht, links geht, ver­dammt. Sie ist der ein­ge­wach­sene Zehen­nagel der Fuß­ball­saison, nur dass man mitt­ler­weile drei davon hat, genau an jenen drei Zehen übri­gens, die man mor­gens nach dem Auf­stehen in den Bett­pfosten rammt. Der wis­sen­schaft­liche Zusam­men­hang ist noch nicht dar­ge­legt, aber wir sind uns sicher, dass Län­der­spiel­pausen und diese blöde Tür­klinke im Büro, an der du dir jedes Mal einen kleinen Elek­tro­schock holst, in irgend­einer Art und Weise ver­wandt sind. Wäre die Bun­des­li­ga­saison ein S‑Bahn-Waggon, die Län­der­spiel­pause wäre der Typ mit dem Döner, der rein­kommt und sich neben dich setzt. Eine alter­na­tive Schreib­weise des Wortes Län­der­spiel­pause“ ist Argh!“, begleitet von einer Geste des ungläu­bigen Hände-gen-Himmel-Wer­fens. Argh!“ im Sinne von Warum?“, das man ver­zwei­felt in die kos­mi­sche Unge­rech­tig­keit des leeren, toten Uni­ver­sums ruft, den Tränen nahe, Warum, Gott? WARUM????“

Leere Fuß­ball­kneipen, mie­se­pe­trige Gesichter

Ja, warum? Nie­mand weiß es. Alle sind genervt. Leere Fuß­ball­kneipen, mie­se­pe­trige Gesichter, Men­schen, die nicht wissen, wohin mit sich am Samstag um 15:30 Uhr, und die drohen, die emo­tio­nale Leere mit schlimmen Dingen zu füllen. Mord und Tot­schlag. Das Trinken von Bleiche. Die Steu­er­erklä­rung. Und das alles nur wegen eines egalen Freund­schafts­spiels gegen Russ­land und einem anschlie­ßenden Spiel in einem blöd­sinn­nigen Wett­be­werb, dessen Modus sich sowieso nie­mandem erschließt. Wäh­rend der Super­zirkus Bun­des­liga ein­fach pau­siert. Wird er über­haupt wie­der­kommen? Oder bleibt er ein­fach weg, auf dass wir Woche für Woche ein Län­der­spiel ertragen müssen, in neuen Fifa-Wett­be­werben, deren Grenze zur Vor­hölle flie­ßend ist. Man möchte mit voller Wucht auf einen Lego­stein treten, um zu gucken, ob man über­haupt noch etwas fühlt. Man möchte Peti­tionen auf­setzen, Pro­test­mär­sche anführen, mit Mist­ga­beln und Fackeln zum nächsten Funk­tio­närs­büro ziehen. Wenn einen dieses schwere, schwere, unge­rechte Schicksal nur nicht in Embryo­nal­hal­tung auf den Zim­mer­boden zwingen würde. 

Viel­leicht, nein, ganz sicher sogar, ist Costis Mit­so­takis also doch nur der zwei­t­un­glück­lichste Mensch der Welt. Er hat zwar seinen Mil­lio­nen­an­teil am Lot­to­ge­winn ver­passt. Aber immerhin war in der Woche des Gewinns keine Län­der­spiel­pause.