Am Ball war er kaum zu stoppen. An der Flasche leider auch nicht. Heute vor zwanzig Jahren starb der ehemalige DDR-Nationalspieler Reinhard Lauck.
An einem milden Herbsttag, Anfang Oktober 1997, liegt im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg ein Mann auf der Straße. Er hat schwere Kopfverletzungen und ist nicht ansprechbar. Die Polizei schreibt später von einer „hilflosen Person“ mit „hohem Alkoholwert im Blut“.
Die Identität des Mannes kann schnell ermittelt werden, er heißt Reinhard Lauck, ist wenige Wochen zuvor 51 Jahre alt geworden, wohnhaft in einer Plattenbausiedlung am Alexanderplatz.
Zuletzt hat er als Kohleträger in der Nähe des S‑Bahnhofs Greifswalder Straße gearbeitet. An seinem Namen nimmt niemand Anstoß. Niemand weiß, dass Reinhard Lauck von seinen Fans und Freunden „Mäcki“ genannt wurde. Dass er 1976 mit der DDR-Nationalelf olympisches Gold holte und knapp 300 DDR-Oberliga-Spiele für Union und den BFC Dynamo machte. Niemand ahnt, dass es dieser Reinhard Lauck war, der 1974 im WM-Spiel gegen die BRD Wolfgang Overath ausschaltete. Im Herbst 1997 hat die Welt Reinhard Lauck schon lange vergessen.
„Er war, wie ein Mensch ist, den man Mäcki nennt“
Zwei Wochen liegt der ehemalige Fußballspieler im Koma, am 22. Oktober 1997 stirbt er, wie er zuletzt gelebt hat: allein. Wer war dieser Mann?
„Lauck war ein umgänglicher Typ“, sagt Hartmut Felsch, ein ehemaliger Mitspieler. „Mäcki hatte das Herz am rechten Fleck. Aber er war auch ein Träumer, der vieles für sich behielt“, sagt Peter Ducke, der ihn von der Nationalelf kannte. „Lauck war auch im Suff leise und bescheiden“, schrieb der Autor Alexander Osang 1997 in einem Nachruf für die „Berliner Zeitung“. „Er war ein weicher Mann. Er war, wie ein Mensch ist, den man Mäcki nennt.“
Trotzdem soll er manchmal vor seinen Saufkumpanen angegeben haben, auch wenn sie ihm kein Wort glaubten. Er erzählte von den großen Zeiten. Vom Sensationssieg mit Union Berlin im FDGB-Pokalfinale 1968 gegen Carl Zeiss Jena. Von den Fans, die nach dem Abstieg vor seiner Haustür standen und ihn anflehten, mit den Eisernen in die zweite Liga, die DDR-Liga zu gehen. Von den zwei Meisterschaften mit dem BFC. Vom Europapokal der Landesmeister 1979, Servette Genf, Nottingham Forest. Von Olympia 1976 und natürlich dem 1:0 gegen die BRD. Lauck, der Mittelfeldmotor, steht Wolfgang Overath damals so lange auf den Füßen, dass Helmut Schön ihn in der 70. Minute auswechselt. Günter Netzer kommt so zu seinem einzigen WM-Spiel.
1994, zum 20. Jubiläum der Partie, steht Lauck in der Berliner Volksbühne und sagt: „War’n janz normalet Spiel.“ Mit Overath tauschte er sogar heimlich das Trikot. „Der hat mir uff die Schulter jekloppt, weil ick so fair war. Jute Truppe sind wa jewesen.“