Bayern München kann am Samstag gegen Borussia Dortmund die bösen Geister der vergangenen Spielzeiten vertreiben. Warum das Spiel gegen Dortmund für den Möchtegern-Meister trotz Herbstmeisterschaft mit rekordverdächtigem Punktepolster die bisher wichtigste Partie der Saison ist.
Youtube scheint ein Bayern-Fan zu sein. Suchte man bis gestern Abend beim Video-Portal von Google „DFB Pokal Finale 2012“, so bekam man lediglich folgende Fehlermeldung angezeigt: „A team of highly trained monkeys has been dispatched to deal with this situation.“ Eine Eliteeinheit Affen wurde geschickt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen? Offensichtlich wollte das Video-Portal nicht, dass irgendjemand Bayern Münchens Titelschmach der letzten Saison noch einmal nachvollziehen konnte.
Die bösen Geister der vergangenen Spielzeit
Denn trotz der omnipräsenten „schnellsten Herbstmeisterschaft aller Zeiten“ („Bild“) wird es an der Säbener Straße wohl erst nach einem Sieg am Samstagabend ruhig. Im Topspiel kann Bayern gegen Borussia Dortmund endlich die bösen Geister der vergangenen Spielzeiten vertreiben. Dass die Wunden der vergangenen Spielzeit tief sitzen, ließ ein erschöpfter Thomas Müller am Mittwoch nach dem Arbeitssieg gegen wacker kämpfende Breisgauer vom SC Freiburg durchblicken. Als ihn ein Reporter auf eine mögliche Vorentscheidung am Samstag ansprach, entgegnete er dünnhäutig: „Ich weiß noch genau wie die Medien nach der Herbstmeisterschaft der letzten Saison im Trainingslager von Katar schon von unserer Meisterfeier gesülzt haben. Es gibt immer eine Rückrunde!“
Die Bayern haben in der vergangenen Saison das zweite Mal in Folge Lehrgeld gezahlt. Und Lehrgeld liegt leider auf keinem Festgeldkonto. Das wissen die Münchener Rekordmeister inzwischen. Was am Samstag gegen Dortmund auf dem Spiel steht, ermisst sich an den fünf Niederlagen der vergangenen zwei Spielzeiten. Nicht umsonst hat Bastian Schweinsteiger, der wichtigste Spieler der Bayern, gegen den SC Freiburg eine Erholungspause von Jupp Heynckes verordnet bekommen. Schweinsteiger stand nicht einmal im Kader, obwohl er eigentlich fit gewesen wäre. Heynckes wollte seinen Führungsspieler schonen.
Schmerzhafte Stiche
Denn trotz eines Torverhältnisses von 40:5 kämpft der zum Fußballmirakel hochgejazzte FC Bayern München mit den bösen Geistern der vergangenen Saison. Zweimal brachten die Dortmunder Jungspunde die Münchener in richtungsweisenden Spielen um Erfolge. Seit zwei Jahren tanzen Spieler wie Kevin Großkreutz und Roman Weidenfeller den Bajuwaren auf der Nase herum. Die Wunden der überlebensgroßen Niederlagen sitzen tief. Und vor dem inneren Auge lief immer wieder eine Szene vom 30. Spieltag der letzten Saison ab: Subotic, der den lethargisch ins Nichts blickenden Arjen Robben nach seinem verschossenen Elfmeter im vorgezogenen Saisonfinale verhöhnt. Autsch.
Noch schmerzhafter war für die Münchener das DFB-Pokalfinale knapp einen Monat später. Hier zerlegte Dortmund den Rekordmeister nach allen Regeln der Kunst. Spätestens mit dem 4:1 in der 58. Minute klärte Dortmunds dreifacher Torschütze Robert Lewandowski im Finale von Berlin die Verhältnisse. Den dazugehörigen K.o.-Schlag lieferte das ansonsten eher rustikal aufspielende Südtribünenkind Kevin Großkreutz mit der Vorlage zum 4:1. Er legte Lewandowskis Treffer mittels eines symbolhaften Tunnels gegen den bayerischen Tausendsassa Bastian Schweinsteiger auf. Aua. Das Spiel endete 5:2. In Worten: Fünf zu zwei.
„Duell der Giganten“ wird zu Bayerns Urkatastrophe der vergangenen Spielzeit
Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte vor dem Meisterschaftsfinale vom 30. Spieltag von einem „Duell der Giganten“ gesprochen. Am Ende der Saison war nur noch ein Gigant übrig. Das im April 2012 verlorene Spiel in Dortmund war Bayerns Urkatastrophe der vergangenen Saison, Arjen Robbens verschossener Elfer das Sinnbild des bayerischen Titelzölibats: Vor diesem vermaledeiten Elfmeter im Westfalenstadion hatte der Holländer für die Bayern zehn Strafstöße in Folge verwandelt. Einen Monat später verschoss er in der Verlängerung des Champions-League-Finales seinen zweiten Elfmeter für die Bayern. Die Saison endete mit einem Pfostenschuss von Schweinsteiger im Elfmeterschießen vom Debakel „dahoam“ gegen den FC Chelsea.
Das Spiel gegen Borussia Dortmund ist für die Bayern das bisher wichtigste der Saison. Denn trotz der elf Punkte Rückstand in der Bundesliga, stellten Jürgen Klopps „Mentalitätsmonster“ unter Beweis, dass sie der Maßstab sind, mit dem es sich in der Bundesliga zu messen gilt. Nicht umsonst erklärte José Mourinho nach Real Madrids Niederlage im Ruhrpott die Dortmunder zu Titelfavoriten in der Champions League. Dortmund war damit bereits die zweite deutsche Mannschaft in diesem Jahr, die die „Königlichen“ aus Madrid bezwingen konnte. Die andere? Ja, genau: Der FC Bayern. Das Video davon kann man sich bei Youtube übrigens ohne Probleme anschauen.