In der österreichischen 8. Liga waren im Aufstiegskampf zwei Klubs punktgleich. Eine Mannschaft schoss am letzten Spieltag 42 Tore – und stieg trotzdem nicht auf.
Mit der Tordifferenz ist es so eine Sache. Während der Saison wabert sie in einer Relevanz-Liga mit der Laufleistung des zweiten Ersatztorhüters, doch geht es um den Aufstieg am letzten Spieltag, liest sich die Treffer-Gegentreffer-Rechnung und das 6:3 vom Saisonbeginn wieder ganz anders. Diese Erfahrung machten die Kicker aus Unterwaltersdorf, einem 2308-Einwohner-Dorf aus der Provinz südlich von Wien.
Die Tordifferenz vor dem letzten Spieltag: 47 Treffer
Der Fußballverein des Dorfes, der ASV Unterwaltersdorf, hat bisher eine starke Saison gespielt. Vor dem letzten Spieltag am Wochenende steht der ASV auf dem zweiten Platz der 2. Klasse Mitte-Ost Niederösterreich, der 8. Liga. Punktgleicher Tabellenführer ist der SK Breitenfurt, weil seine Tordifferenz besser ist. Um gewaltige 47 Tore.
Eigentlich unmöglich, diesen Rückstand in nur noch einem verbleibenden Spiel aufzuholen. Gewinnt Breitenfurt sein letztes Saisonspiel gegen Laxenburg, ist die Sache mit dem Aufstieg für Unterwaltersdorf gelaufen.
Es gibt aber ein Fünkchen Hoffnung: den SC Mödling. Der Gegner am letzten Spieltag ist der Tabellenletzte, der sich in den bisherigen 25 Spielen schon 181 Tore einfing, nur zwei Punkte holte und bislang magere acht Tore geschossen hatte. Ein leichter Gegner. Aber eigentlich ist klar, dass das Spiel nur ein versöhnlicher Saisonabschluss einer starken Unterwaltersdorfer Saison werden sollte.
Der Torwart ist nicht da, ein Stürmer muss in den Kasten
Fünf Minuten vor dem Spiel in Unterwaltersdorf: Beim Gast aus Mödling wärmen sich gerade mal sieben Spieler auf. Der 50-jährige Trainer und Klubchef Michael Kanyka muss aushelfen, Mödling beginnt nur zu zehnt, irgendwann sind nur noch neun Spieler auf dem Feld. Einen Torhüter gibt es nicht, einer der Stürmer stellt sich ins Tor.
Nach nur fünf Minuten steht es 3:0 für die Unterwaltersdorfer, einen Elfmeter haben sie auch schon vergeben. Was danach folgt, ist kein Einbahnstraßenfußball, es sind Angriffe wie Flutwellen. Unterwaltersdorf knipst bis zur Halbzeit 18 Mal. „Das war, wie wenn Österreich gegen Amerika Krieg führen würde“, sagt Mödlings Trainer Michael Kanyka später.